Wenn ich als Kind von Autoren gehört habe, dann habe ich nie darüber nachgedacht, wie diese Menschen überhaupt Autoren geworden sind. Sie waren einfach da und haben diese wunderbaren Geschichten geschrieben.
Als ich aufgewachsen bin, hatte ich nie auch nur das geringste Interesse daran, Geschichten zu schreiben. Hausaufgaben, in denen man kreativ etwas schreiben musste, waren mir ein Graus. Mir gefielen klare Regeln, Regeln, bei denen man genau wusste, was richtig oder falsch war. So wie in Naturwissenschaften.
Aus diesem Grund und weil ich immer schon von der Natur und den Mechanismen dahinter fasziniert war, habe ich Biologie studiert. In meinem zweiten Semester im Masterstudium hatte ich viel freie Zeit, weshalb ich mich für ein Krimi-Seminar angemeldet habe. Ich wollte nichts schreiben, aber ich las gerne Kriminalromane und dachte, dort erfahre ich etwas darüber. Gut, vielleicht hätte ich den Beschreibungstext des Seminars gründlicher lesen sollen. Denn in dem Seminar ging es darum, seinen eigenen Krimi zu schreiben. Ich gebe zu, nach der ersten Stunde, wollte ich eigentlich nicht mehr wiederkommen. Die Aufgabe war, die Hauptpersonen zu charakterisieren, den groben Handlungsablauf zu skizzieren und die ersten fünf Seiten zu schreiben. Außer mir gab es nicht einen einzigen anderen Studenten, der aus den Naturwissenschaften stammte.
Nach dem ersten Impuls, wegzulaufen, blieb ich. Hauptsächlich deshalb, weil mir aufgeben nicht liegt. Ich hasse es, aufgeben zu müssen und etwas nicht hinzubekommen.
Also setzte ich mich zuhause hin und überlegte mir eine Kriminalgeschichte. Ich packte alles hinein, was ich aus anderen Krimis kannte und was ich spannend fand. Psychopathischer Serienmörder, brillante Ermittlerin mit Suchtproblem, ungewöhnlichen Ermittlungsort ... Ich recherchierte eingehend zum Thema Entomologie im Bezug auf Leichen und zu Bodyfarms, auf denen die Ermittlerin gearbeitet hatte. Ich muss zugeben, das waren spannende Ausflüge in die Bibliothek. Und das waren Bücher, die vermutlich in den letzten Jahren niemand sonst angefasst hat.
Aber das Thema ist so interessant, dass ich vielleicht noch einmal darauf zurückkommen werde ...
Das Ergebnis meiner Recherchen und meines Schreibens kam sowohl bei meinen Mitstudenten als auch beim Dozenten gut an. Aber ich war damit nicht zufrieden. Es war so ... zu viel. Zu viele Klischees auf einmal. Zu übertrieben für die normale Welt. Ich schrieb es nicht weiter, weil es mir keinen Spaß machte. Aber durch mein Studium bin ich auch sehr hartnäckig. Versuche klappen üblicherweise nicht beim ersten Mal. Häufig auch nicht bei Versuch 2-20. Also meldete ich mich ein weiteres Mal für den Kurs an (Was offenbar sehr ungewöhnlich war). Dieses Mal wählte ich nicht die reale Welt als Ort für meinen Krimi. Ich wählte eine fiktive Stadt am Grund des Meeres und legte die Gesellschaftsordnung dafür fest und schuf eine Struktur für einen Kriminalroman in einem ungewöhnlicheren Setting.
Meine Idee und meine Art zu schreiben gefiel den meisten Teilnehmern des Seminars. Und dieses Mal gefiel mir meine Idee ebenfalls. Nur hatte ich nach Abschluss des Seminars neben meinem Studium keine Zeit, zu schreiben. So eine Masterarbeit verlangt dann doch nach sehr viel Aufmerksamkeit. Doch ich beschloss, es nach meinem Studium zu wagen. Ich schrieb den Roman zuende, um zu sehen, ob ich die Disziplin dazu habe. Und es blieb nicht bei dem einen Roman. Ich schrieb gleich den zweiten Teil der Reihe, dazu mehrere Kurzgeschichten für Wettbewerbe. Eine weitere Romanreihe kam dazu, mehrere Einzelbände ...
Und irgendwann, beinahe ohne es zu merken, war ich Autorin.
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